In Europa hat Wechselstrom bekanntlich eine durchschnittliche Frequenz von 50 Hertz – so auch in Österreich. Weniger bekannt ist, dass sich in Schwankungen der Netzfrequenz auch das Verhältnis von Stromerzeugung und Stromverbrauch abbildet: Sinkt die Netzfrequenz, ist zu wenig Strom im Netz – steigt die Stromnetzfrequenz zu sehr an, ist es zu viel. Zur Stabilisierung der Netzfrequenz bei 50 Hertz müssen Angebot und Nachfrage daher stetig ausgeglichen werden. Dies geschieht mit Hilfe von Regelenergie und gezielten Zu- und Verkäufen am Strommarkt.
Die allermeisten Weltregionen haben sich bei der Wechselstromversorgung auf eine durchschnittliche Netzfrequenz von 50 Hz oder 60 Hz geeinigt. Während 50 Hertz vorwiegend in Europa anzutreffen sind, haben die Stromnetze in Nordamerika meist eine Frequenz von 60 Hertz. Für Mitteleuropa soll der Nominalwert auf eine Normierung durch den AEG-Gründer Emil Rathenau zurückgehen und breitete sich Ende des 19. Jahrhunderts von Berlin über den Kontinent aus. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg waren unterschiedliche Netzfrequenzen in einem Land oder Staatenverbund keineswegs unüblich; erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde, auch im Zuge der europäischen Einigung, die Stromnetzfrequenz länderübergreifend harmonisiert. Ein Land, das bis heute zwei Netzfrequenzen hat, ist beispielsweise Japan. Hier lohnt sich eine vollständige Umrüstung und Einigung auf einen Nominalwert derzeit wirtschaftlich nicht.
Das Wort Wechselspannung kommt vom Verb "wechseln" und in der Tat ändern sich beim physikalischen Prinzip der Wechselspannung kontinuierlich die beiden Pole, zwischen denen die Spannung erzeugt wird, in ihrer Polarität. Da 1 Hz eine Schwingung pro Sekunde bedeutet, findet dieser Wechsel bei 50 Hz-Wechselstrom 50 mal pro Sekunde statt. Dies hat einen sehr praktischen Nebeneffekt: Es ist nicht möglich, einen Wechselstromstecker "verkehrt herum" in die Steckdose zu stecken.
Die elektrische Spannung bei Wechselstrom ist die Grundvoraussetzung für das Fließen des Stroms: Je höher die Differenz zwischen den beiden Polen ist, desto höher ist die Spannung in Volt (V). Gemeinsam mit der Stromstärke (I, angegeben in Ampere) bildet diese die Grundlage der physikalischen Leistungsbegriffe Wirkleistung, Scheinleistung und Blindleistung.
Wie bereits erwähnt ermittelt sich die Netzfrequenz aus den Polaritätswechseln pro Sekunde, die sich im Netz physikalisch in Spannungswellen äußern. Dies bedeutet konkret, dass die insgesamt 50 Spannungswechsel und 100 Polaritätswechsel pro Sekunde im Stromnetz stattfinden sollten. Weicht die Netzfrequenz erheblich von diesem Nominalwert ab, kann dies schwerwiegende Folgen bis zum Brownout (teilweiser Stromausfall) und Blackout haben. Um bei Unterspeisung die Spannungsversorgung aufrecht zu erhalten, muss die Netzfrequenz oberhalb von 49,8 Hz abgefangen werden – bei einer Überspeisung müssen bis 50,20 Hz Stromerzeuger abgeschaltet werden, um das Stromnetz nicht zu überlasten.
Insgesamt ist jedoch für das europäische Verbundnetz seit Jahren festzuhalten, dass die Versorgungssicherheit auf einem stabilen und hohen Niveau ist. Dies weist auch der jährlich erhobene SAIDI-Index aus, der für Österreich in 2016 lediglich 24 Minuten Stromausfalldauer pro Jahr ausweist. Damit konnte der bereits gute Wert von 2015 um drei Minuten unterboten werden.
Im europäischen Verbundnetz, an das auch Österreich angeschlossen ist, treten mittlerweile nur noch geringfügige Abweichungen vom Nominalwert auf. Noch in den 1980er Jahren waren jedoch, insbesondere in Ländern des damaligen Ostblocks, Unterschreitungen bei Unterversorgung von einem oder zwei Hertz keineswegs unüblich. Auch heutzutage können solche Abweichungen ganz praktische Probleme verursachen, denn die kontinuierliche und wenig veränderliche Netzfrequenz lässt sich auch als Zeitsignal für einfache elektronische Geräte wie beispielsweise Radiowecker nutzen.
Im Februar und März 2018 führte das europaweite Absinken der Netzfrequenz aufgrund verminderter Stromeinspeisung allerdings zu vielen verpassten Bussen und Bahnen, da die verminderte Netzfrequenz die Radiowecker und andere Uhren nachgehen ließ. Wie der europäische Verband der Übertragungsnetzbetreiber ENTSOE-E in einer Pressemitteilung verlauten ließ, haben die Netzfrequenzabweichungen ihren Ursprung in einer politischen Auseinandersetzung um Strommengen zwischen Serbien und der autonomen Republik Kosovo. Wie die dort fehlenden 113 GWh Strom ausgeglichen würden stehe derzeit noch in der Diskussion, so die ENTSOE-E.
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