Market Coupling, oder Marktkopplung, beschriebt das Bestreben einen europäischen Strombinnenmarkt zu kreieren. Durch die Kopplung der Märkte sollen eine sicherere Versorgung sowie günstigere Preise für Verbraucher erzielt werden. Dort, wo Stromnetze miteinander verbunden sind, fließt der Strom eh bereits physisch in andere Netze, da elektrische Energie immer den kürzesten Weg zwischen Produktion und Verbrauch wählt. Dies soll durch eine Kopplung der Märkte ergänzt werden. Mittlerweile gibt es bereits einige Systeme der Marktkopplung im Day-Ahead und Intraday-Märkten, wie PCR und XBID. Die wichtigste Institution im europäischen Market Coupling sind die NEMOs.
Die EG-Verordnung Nr. 1228 von 2003 und die EG-Richtlinie 2006/108/EG ebneten den Weg für das erste Market Coupling. Im Jahr 2006 koppelten Belgien, Frankreich und die Niederlande ihre Day-Ahead-Märkte mit dem Ziel die Stromkapazitäten auch über Grenzen hinweg optimal auszunutzen sowie die Liquidität ihrer Märkte zu erhöhen. Diesem trilateralen Market Coupling (TMC) schlossen sich 2010 Luxemburg und Deutschland an. Diese Vereinigung, die als Market Coupling Western Europe (CWE) bekannt ist, ist bisher der größte Zusammenschluss von Strombörsen und Übertragungsnetzbetreibern in Europa. Die übergeordnete politische Instanz ist das Pentalaterale Energie Forum, ein Zusammenschluss aus den Energieministerien der fünf Länder.
2007 koppelten sich die skandinavischen Länder an den westeuropäischen Strommarkt durch Seekabel. Diese Verbindung heißt ITVC (Interim Tight Volume Coupling) und ist als vorübergehende Lösung konzipiert, da die Verbindungen nicht besonders leistungsfähig sind.
Ebenfalls 2007 kam es zwischen Portugal und Spanien zu einem Market Splitting und die Verknüpfung der Day-Ahead Märkte auf der gesamten iberischen Halbinsel. Der integrierte Day-Ahead Markt zwischen Portugal und Spanien heißt Mibel, die gemeinsame Strombörse OMIE.
2010 wurde das Price Coupling of Regions (PCR), das Preiskopplungssystem eingeführt. Dazu mehr im nächsten Abschnitt.
Österreich schloss sich 2013 dem Market Coupling Western Europe an und wurde als sechstes Mitglied ebenfalls zum Pentalateralen Energie Forum zugelassen. Die Schweiz wurde Beobachter im Forum.
2014 wurde das Market Coupling flächendeckend auf 15 europäische Länder ausgebaut, mit Hilfe des 2010 eingeführten Preiskopplungssystem. Zu dem westeuropäischen Verbund und Skandinavien kamen das Baltikum sowie Großbritannien und Polen hinzu. Konkret wurden folgende Länder gekoppelt: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Polen, Schweden und Österreich. Die südwestlichen Staaten SWE-Staaten, Spanien und Portugal, schlossen sich später diesem Verbund der nordwesteuropäischen Staaten (NWE) an.
2015 koppelte Italien sich an Österreich, Frankreich und Slowenien. Österreich und Slowenien koppelten ihre Märkte 2016. Danach umfasst das Gebiet, das Multi Regional Coupling (MCR) 19 europäische Staaten und deckt über 85 % des europäischen Stromverbrauchs ab.
Für ein effizientes Koppeln der europäischen Strommärkte entwickelten sieben europäische Strombörsen, APX-ENDEX, Belpex, EPEX SPOT, GME, Nord Pool Spot, OMIE und OTE) das PCR, die gemeinsame Preiskopplung. Ziel ist es eine effiziente Verwertung der grenzüberschreitenden Stromflüsse und eine einfachere Kalkulation der Strompreise zu erlangen. Die Strombörsen haben sich auf drei wichtige Voraussetzungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel geeinigt: Sie nutzen einen einheitlichen Algorithmus, um für eine bessere Transparenz sowie mehr Ordnung am Day-Ahead-Markt zu sorgen; Daten werden nicht zentral gesammelt, sondern dezentral; PCR-Mitglieder behalten die Verantwortung für ihr Marktgebiet und Marktpreise und Referenzpreise werden über PCR-Matcher und einen Broker Service festgelegt.
Theoretisch können sich dem Zusammenschluss dieser sieben Strombörsen auch weitere Börsen anschließen, wenn sie diesen Prämissen zustimmen und sie erfüllen.
Nicht nur am Day-Ahead-Markt fand eine paneuropäische Kopplung statt, sondern auch am Intraday-Markt. Seit Juni 2018 ermöglicht das XBID System auch grenzüberschreitenden Intraday-Handel in europäischen Ländern. Mit XBID können Gebote zusammengeführt werden und grenzüberschreitend untertägig gehandelt werden. Eine wichtige Voraussetzung sind hierfür ausreichende Übertragungskapazitäten zwischen den Grenzen. Die Länder Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Lettland, Litauen. Norwegen, die Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien haben ihre Intradaymärkte bereits 2018 gekoppelt.
Börsen, die sich an XBID beteiligen sind EPEX SPOT, GME, Nord Pool und OMIE und die Übertragungsnetzbetreiber der jeweiligen Länder.
Ziel ist es einen integrierten europäischen Intradaymarkt zu ermöglichen, ihn effizienter und schneller zu gestalten und Ausgleichsenergiekosten zu senken, da die Marktteilnehmer durch das Market Coupling im Intradaymark ihre Bilanzgruppen schneller und unter Umständen günstiger ausgleichen können.
Technisch basiert die XBID auf einem gemeinsamen IT-System, welches als Bestandteile ein Shipping Module (SM), ein Capacity Management Module (CMM) und ein Shared-Order-Book (SOB) enthält. Alle Teilnehmer müssen sich den darin festgelegten Standards verpflichten.
Einst getrennte Märkte zu einem integrierten Markt zusammenzufassen erfordert eine gut geplante Koordination insbesondere an den ehemaligen Marktgrenzen. Im Detail spielen beim Market Coupling verschiedene Akteure zusammen, um einen reibungslosen Transport und eine bilanzielle Abwicklung zu ermöglichen.
Übertragungsnetzbetreibern senden ihre jeweiligen grenzüberschreitenden Transportkapazitäten an ein Market Coupling Office (MCO), die Schnittstelle zwischen Strombörsen und den ÜNBs. Dies kann beispielsweise ein Dienstleister, wie TSC (Transmission System Operator Security Cooperation) sein. Das MCO kalkuliert die Kapazitäten und steht dabei in ständigem Austausch mit dem ÜNB, um die Werte zu validieren und die exakten grenzüberschreitenden Kapazitäten erfassen zu können. Im Anschluss werden diese Werte an die Strombörsen übermittelt.
An den Strombörsen geben die Stromhändler gleichzeitig Gebote ab. Eine Zusammenfassung, die Kopplung, findet an der Strombörse statt. Hier werden Angebot und Nachfrage mit Hilfe des festgelegten Algorithmus berechnet, die so ermittelten Kapazitätswerte werden nochmals unter allen Akteuren abgeglichen.
Durch diese Systematik und die zahlreichen Abgleiche und Kontrollmechanismen sollen Fehler minimiert werden und eine möglichst große Effizienz erreicht werden.
Die Verordnung der EU Kommission 2015/1222 schreibt vor, dass jedes Land, welches am Market Coupling teilnimmt, pro Gebotszone einen Nominated Electricity Market Operator (NEMO) benennen muss. Benannt werden die NEMOs durch die jeweilige Aufsichtsbehörde und sind oftmals die Strombörsen.
In Österreich gibt es derzeit drei NEMOs am Day-Ahead und Intraday Markt: EPEX Spot SE, EXAA AG und Nordpool AS.
NEMOs haben zur Aufgabe das Funktionieren des Market Couplings zu gewährleisten. Sie arbeiten eng mit den ÜNBs und den Regulierungsbehörden zusammen. Zu ihren Aufgaben zählen unter anderem: die Entgegennahme von Geboten, die Gesamtverantwortung für Abgleich und Zuordnung dieser Gebote, die Veröffentlichung der Preise, das Clearing und die Abrechnung aus den Transaktionen gemäß der Vorschriften. Auch technisch haben die NEMOs Pflichten, wie die Entwicklung und Pflege von einheitlichen Verfahren der Marktkopplung für Day Ahead und Intraday, die Erhebung, Verarbeitung, Validierung und Übermittlung der im Rahmen des Market Couplings anfallenden Daten. Ein NEMO muss nicht zwangsläufig für Day Ahead und Intraday Markt verantwortlich sein, sondern kann sich auch nur um einen dieser Märkte kümmern.
NEMOs nehmen als Koordinator eine wichtige Position ein, um das Ziel des gemeinsamen EU-Binnenmarkts zu erreichen. Weitere Aufgaben der NEMOs sind in der EU-Verordnung 2015/1222 Artikel 7 festgelegt.
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